Pedrouzo nach Santiago de Compostela

Gestern Nacht hatten wir ein heftiges Gewitter, ein Blitzeinschlag war sehr nah und der Donner ziemlich heftig. Danach habe ich erstmal neben Neos gesessen, er hat gezittert wie Espenlaub. 

Um 5:30 Uhr beginnt der letzte Tag meines großen Abenteuers. Waschen, anziehen, um 6:00 Uhr geht es mit Stirnlampe los. Schnell treffe ich auf andere Pilger, die wie ich im Dunkeln über die Waldwege laufen. Ira aus der Ukraine überholt mich mit schnellen Schritten. Erst nach 9 km ist eine geöffnete Bar am Weg. Die ist allerdings so voll, dass ich weiterlaufe. Die Pilger stehen Schlange bis auf den Gehweg. Nebenan hat eine kleine Kirche geöffnet, dort hole ich mir einen Pilgerstempel. 

Mein Frühstück gibt es erst 4 km weiter. Ich genieße das Frühstück auf dem Pilgerweg sehr. 

Ich bin schnell unterwegs und "sprinte" fast die Hügel hoch. Es geht nochmal durch die tollen Wälder Galiciens, die Kilometer fliegen unter meinen Füßen dahin. Bald bin ich am Monte do Gozo (Berg der Freude), dort ist ein gigantischer Herbergskomplex. Es können dort in den 25 Wohnblöcken hunderte Pilger übernachten. Eine Buslinie bringt die Pilger ins 5 km entfernte Santiago.

Jetzt geht es nur noch bergab, die Spitzen der Kathedrale, die ich in weiter Entfernung ausmachen konnte, verschwinden wieder. Überall am Wegrand sind Souvenirläden, in der Innenstadt wimmelt es von Menschen Morgens um 11:00 Uhr. Ich kann immer noch nicht die Kathedrale sehen und werde unruhig.

Endlich schaut ein Turm über eine Straßenflucht hinaus. Nach ein paar Gassen komme ich neben der Kathedrale an, viele Treppen runter und links um die Ecke, dann öffnet sich der riesige Vorplatz der Kathedrale. Es ist unbeschreiblich, Pipi in den Augen lässt sich nicht vermeiden. 

Ist das ein schöner Moment und doch komme ich mir plötzlich einsam unter den Pilgermassen vor.

Endlich ein bekanntes Gesicht, der Argentinier, den ich vor den Pyrenäen getroffen habe, ist hier. Wir umarmen uns, ein Foto wird gemacht. 

Achim kommt mit Neos, der Hund verpasst mir einen weiteren Kratzer am Arm vor lauter Freude. 

Um 12:00 Uhr ist Pilgermesse, ich kann ganz normal in die Kathedrale reingehen (keine Wartenummer ziehen). Am Eingang steht Wachpersonal, Pilger mit großen Rucksäcken werden nicht eingelassen.

Der Gottesdienst ist sehr feierlich, die Kirchenmänner schreiten durch den Gang der Kathedrale, vorweg welche mit weißen Gewändern, dahinter ca. 8 Priester im knallroten Gewand.

Es singt eine Nonne mit glockenheller Stimme, die Gemeinde singt bestimmte Stellen mit. Leider wird der 54 kg schwere Botafumeiro (das Weihrauchfass) nicht über den Köpfen der Gemeinde geschwenkt.

Ich bin unendlich dankbar, dass ich diesen Weg gehen durfte.

Nach der Messe setze ich den Stein von Gaby aus, ich hoffe, dass eine Rückmeldung über Facebook Deistersteine auftaucht. 

Dann muss ich nur noch meine Compostela holen, die gibt es in einer der 3 Touristeninformationen.

Es ist chaotisch organisiert, erst muss ich einen Handzettel ausfüllen, damit gehe ich über einen Innenhof, die Treppen runter, und dann nach links in ein Gebäude. Ein Mann reicht mir einen Zettel mit einer Nummer, es ist die 695. Jetzt muss ich zurück. Die Treppen hoch, durch den Innenhof und mich anstellen, 20 Nummern sind vor mir. Als nur noch 10 Nummern vor mir sind muss ich auf die andere Flurseite, rechts auf einen Punkt stehen. Nach und nach werden oben auf derAnzeigentafel die Nummern aufgerufen, der dazugehörige Schalter steht daneben. Der nächste Punkt zum Vorrücken ist 1,50 Meter nach vorn auf der linken Seite. Wir spielen also 10 Nummern lang Bäumchen wechsle dich, eine Ordnerin sorgt lautstark dafür, dass wir die Punkte einhalten. Der Schalter 15 steht neben meiner Nummer, die Dame an Schalter ist cool drauf, sie freut sich über meine 2090 km und schaut alle 4 Pilgerpässe an. Sie überreicht mir 2 Urkunden und schickt mich an die Kasse zum Ausgang, dort muss ich 5 Euro für die Urkunden sammt Papprolle zahlen. Ob jeder zahlt, wird nicht kontrolliert, selbstverständlich habe ich die 5 Euro bezahlt.

Vor der Touristeninformation sehe ich Tobi in seinem Schiebegefährt. Er hat es also auch mit Hilfe seiner Begleitercrew geschafft. Tobi hat ein schweres Handicap, er kann sich nicht bewegen, hat Spastiken, er kann aber sprechen und hat sichtlich Freude am Jakobsweg. Er ist ein schwerer Mann, 3 starke Männer bewegen Tobi in seinem speziell angefertigten Trage/ Rollgefährt. Er hat einen Betreuer dabei, 3 junge Frauen und 2 Männer von einem Fernsehteam. Zum größten Teil kommen alle aus Tübingen. Sie vollbringen eine beachtliche Leistung um Tobi den Jakobsweg zu ermöglichen!

 

Jetzt muss ich noch ein paar Worte los werden. Vielen Dank mein Achim, du hast mich die ganzen Wochen super unterstützt. Danke auch an meinen Schwager Hans, er war das Backup und Basisstation meiner Webseite, ich habe ihn ganz schön gefordert.

Und ich bedanke mich bei allen, die einen Beitrag in irgendeiner Form für meinen Weg geleistet haben.

Auch sage ich Danke an alle meine virtuellen Weggefährten. Es war schön, Nachrichten und Anfragen von euch zu bekommen. Bitte entschuldigt wenn ich nicht alle beantwortet habe!

 

Seit 20:00 Uhr sind wir im Wohnmobil auf der Heimfahrt

Ich würde sagen:

Nach dem Camino ist vor dem Camino.😇🤗

Der Mond ist noch da
Der Mond ist noch da
Ich laufe durch den dunklen Wald
Ich laufe durch den dunklen Wald
Nebel steigt aus den Wiesen
Nebel steigt aus den Wiesen
Die Sonne kommt
Die Sonne kommt
Mein Frühstück
Mein Frühstück
Monte do Gozzo
Monte do Gozzo
seht ihr den Turm der Kathedrale?
seht ihr den Turm der Kathedrale?
Ich bin dann mal da!
Ich bin dann mal da!
Der Botafumeiro
Der Botafumeiro
Essen in der Altstadt
Essen in der Altstadt
anstehen für die Compostela
anstehen für die Compostela
Die brauchen dringend neue Sohlen
Die brauchen dringend neue Sohlen