Es war sehr hellhörig in der Herberge. Um 22:00 Uhr war es aber schlagartig ruhig. In allen Herbergen ist ab 22:00 Uhr absolute Bettruhe, Pilger sind auf diese Uhrzeit geeicht.
Für die vielen Leute auf unserem Flur sind viel zu wenige Sanitäranlagen vorhanden.
Die Sonne scheint und es ist kein Regen angesagt, also allerbestes Wanderwetter.
Der Weg aus der Stadt ist sehr schön, ich schaue mir den Vorzeigeort Castrillo de los Povazares an. Dort wurde jedes Haus renoviert und die Türen und Fenster überwiegend grün gestrichen, sie leuchten in den roten Hauswänden. Alle Straßen und Gassen sind mit Natursteinen gepflastert. Die kleine Kirche ist geschlossen. Auf der Mauer davor mache ich eine Pause, oben auf dem Kirchturm hat ein Storchenpaar sein Nest. Mir fällt auf, dass es in diesem Nest Untermieter gibt. In der unteren Hälfte vom Storchennest nisten noch 3 weitere Vogelpaare. Es sind kleine Vögel und sie fliegen jedes Mal auf, wenn ein Storch landet. Es ist nichts los in dem Ort. Ich sehe zwei alte Herren und eine Pilgerin. Amalie, die junge Dänin hat auch den Umweg für dieses toll renovierte Dorf auf sich genommen. Amalie und ich fotografieren uns gegenseitig vor einem alten VW-Bus.
Das Laufen fällt mir heute schwer. Irgendwann komme ich drauf, dass es an der stetigen langsamen Steigung liegt. Man merkt wirklich gar nicht, dass es bergauf geht. Neben mir taucht rechts ein Kiefernwald auf. Am Wegrand blüht überall der wilde Lavendel zwischen Heide und gelben Ginster. Der Stein/ Sandweg führt neben einer wenig befahrenen Straße entlang. Nach 22 km habe ich mein Ziel erreicht, ich bleibe in einem kleinen Park und schlafe in einem Zelt auf 1.100 Meter Höhe. Die Sanitäranlagen sind in einem Holzverschlag untergebracht. Es gibt nur eine Dusche mit kaltem Wasser. Ich muss den Inhabern Bescheid geben, dann wird der Wasserschlauch angestellt. Eine Keramiktoilette ist vorhanden, wohin auch immer das "Geschäft" verschwindet. Es riecht auf jeden Fall nicht unangenehm.
Ein Becken zum Wäsche waschen ist auch vorhanden, das Wasser kommt aus einer Regentonne.
Überall im Park gibt es Sitz- und Liegeplätze, es ist wunderschön dort. Nach mir kommen noch 3 Franzosen an.
Essen gibt es hier erst um 21:00 Uhr, das ist zu spät für mich. Ich gehe im Ort handgeschnittene Pommes und selbstgemachten Burger essen, sehr lecker!
Was soll ich sagen.... einem hungrigen Pilger schmeckt alles wunderbar.
Ich treffe die junge Frau aus Süddeutschland wieder. Sie ist mit ihrem Hund auf dem Camino und schläft überwiegend im Zelt.