Das war eine erholsame Nacht im 2-Bettzimmer. Beim Frühstück erfahren wir von dem Gerücht, dass in unserem heutigen Zielort die städtische Herberge mit 76 Betten wegen Corona geschlossen wurde.
Das wirft unsere Pläne total durcheinander. Aber erstmal wollen wir schauen, was an dem Gerücht dran ist.
Es ist heute drückend warm, meine Jacke verschwindet schnell im Rucksack.
Der Pilgerweg ist neben einer wenig befahrenen Straße, es sind viele Pilger unterwegs. Wir treffen die Familie aus Hannover mit den 3 Kindern wieder. Die Jungs (Tom und Fred) erzählen, dass sie heute ganz fest laufen werden, weil sie keine Unterkunft in Mansilla de las Mulas bekommen haben. Am Gerücht scheint doch etwas dran zu sein.
Wir laufen heute den 4. Tag durch die Meseta. Die Landschaft wird immer eintöniger und zieht sich unendlich hin. Gut, dass ich mit Sabine zusammen laufe, wir haben das gleiche Tempo und quatschen viel. Dadurch vergeht die Zeit schneller.
Na sowas, alle bekommen eine unfreiwillige Dusche am Straßenrand, der Wind weht Wassertropfen vom Bewässerungssystem der Felder zu uns herüber.
Nach knapp 8 Kilometern gibt es Eistee und ein 2. Frühstück. Es ziehen viele bekannte Pilger an uns vorbei. Einige bleiben stehen, Thema ist immer das Gerücht um die geschlossene Herberge.
Kurz vor unserem Zielort werde ich von einem Amerikaner angesprochen. Er fragt, ob ich aus Deutschland komme, dann ob ich die Frau aus Hannover sei, die von der eigenen Haustür gestartet ist. Ich bin erstaunt und neugierig, er hat von mir auf dem Jakobsweg gehört. Das bedeutet, dass ich zu einer Jakobsweggeschichte/Gerücht geworden bin.
Der Amerkaner schreibt eine Dokumentation über den Jakobsweg und macht Interviews mit Menschen, die er trifft. Er würde gerne meine Geschichte aufschreiben und Fotos von mir machen.
Ich bin einverstanden und mache mir erst hinterher Gedanken über meine vom Sonnenhut platten Haare und wie ich eigentlich heute aussehe. Er verspricht mir ein Ansichtsexemplar zu schicken. Sollte ich dort tatsächlich drin vorkommen, sind es wirklich authentische Aufnahmen. Ich bin sehr gespannt!
Die Herbergen haben tatsächlich kein Bett für uns. Wir fragen in einigen Hostels nach und bekommen ein schönes 2-Bettzimmer. Der Wirt gibt uns eine kleine Flasche Cidre aus und zeigt uns ein besonderes System, um unsere Gläser mit Cidre zu füllen. Es funktioniert irgendwie mit Unterdruck und pumpen. Eine Tüte Nüsse spendiert er auch noch. Ein toller Mittag nach dem ganzen Stress. Leicht angetrunken schwanken wir auf unser Zimmer.
Am Spätnachmittag schauen wir uns die Altstadt an. Sie hat einen pittoresken Charme. Auf dem Heimweg fängt es leicht an zu regnen.
Abends lernen wir Tina aus Garbsen kennen. Wir drei Frauen essen in unserem Hotel ein fürstliches Mahl. Der Service ist im Gegensatz zum gestrigen Abend sehr gut.